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Michael Zimmel, H.E. Atta Mohammad Noor and Georg von Kriegsheim

E&M: Herr Waffel, kann man mit Speichern Geld verdienen?

Waffel: Ja, das kann man. Zum Beispiel als Mitglied einer Energiegenossenschaft kann ich heute schon meinen Bedarf mit Photovoltaik für rund 10 Cent pro Kilowattstunde decken, mit Wind sogar schon für 8 Cent. Angesichts von Endkundenpreisen der Energieversorger um 30 Cent rechnet sich ein Speicher für die Genossenschaft auf jeden Fall.

 

E&M: Diese Rechnung könnte aber schon bald hinfällig sein, wenn beispielsweise auch der Eigenverbrauch mit der EEG-Umlage belastet wird.

Waffel: Das sind Gedankenspiele der Politik. Es kommt letztlich darauf an, welches Markt- und Wählerpotenzial die Energiegenossen, dezentralen Energieversorger, Gemeinden, Stadtwerke, Industrie, Selbstversorger und Speichernutzer darstellen. Aus vielen Gesprächen mit unseren Kunden wissen wir, dass viele Endverbraucher auch bereit sind, einen deutlich höheren Preis als die 10 Cent für eine gewisse Unabhängigkeit zu zahlen. Wir werden zunehmend einen Interessenkonflikt zwischen den großen Energieversorgern auf der einen Seite und Stadtwerken, Genossenschaften und einzelnen Bürgern auf der anderen Seite sehen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass sich die dezentrale Energieversorgung durchsetzen wird.

 

E&M: Dann müssten doch viele Stadtwerke jetzt auf den Zug aufspringen und der Speichermarkt müsste boomen.

Waffel: Für einen klugen Kopf wäre eine Speicherinvestition jetzt ein logischer Schritt.

 

E&M: Dann gibt es entweder zu viele dumme Köpfe oder nicht genügend kluge.

Waffel: Ich möchte nicht sagen dumme, aber solche, die noch der Ansicht sind, mit einer Speicherinvestition ein schwer kalkulierbares Risiko einzugehen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ein Speicher vereinigt mehrere Optionen in sich: die Spitzenlastreduzierung, den Einsatz im Regelenergiemarkt sowie Optionen, die vor allem auf der Mittel- und Niederspannungsebene zum Tragen kommen. Er kann zum Beispiel zur Netzstabilisierung eingesetzt werden, um Netzinvestitionen verschieben zu können.

 

E&M: Dann muss der Netzbetreiber aber mit der Bundesnetzagentur erst diskutieren, ob im Rahmen der Anreizregulierung die Investition anerkannt wird.

Waffel: Das muss er. Aber ich denke, er hat dabei gute Chancen. Einen Batteriespeicher kann man innerhalb von sechs Monaten in Betrieb nehmen, während eine Netzverstärkung wahrscheinlich mehrere Jahre dauert. Und nach dieser Zeit ist man möglicherweise nicht weiter als zuvor, weil zwischenzeitlich viele weitere Wind- und Photovoltaikprojekte in Betrieb genommen wurden, oder Neubaugebiete hinzugekommen sind. Die Batteriespeicher kann man von einem Ort zum anderen transportieren und einsetzen, und auch zwischen Mittel- und Niederspannung wechseln. Die Netzbetreiber halten doch heute vielfach Ihre Netze durch Redispatch und Abschaltungen von regenerativer Erzeugung stabil. Die volkswirtschaftlichen Verluste dieser Maßnahmen von hunderten Millionen Euro pro Jahr steigen stark an und werden auf den Endverbraucher umgewälzt. Dieser Zustand ist absolut unakzeptabel.

 

E&M: Sind Speicher von den Netzentgelten und der EEG-Umlage befreit?

Waffel: Im Rahmen von Gutachten werden diese Sachverhalte derzeit noch geprüft. Es kommt etwa darauf an, welcher Netzbegriff zugrunde gelegt wird, ob es sich um eine Kundenanlage handelt und ähnliche Fragen. Das ist noch nicht abschließend geklärt. Aber ich bin sicher, dass die außerordentlich flexiblen Einsatzmöglichkeiten auch bei solchen Belastungen zu einer wirtschaftlichen Speichernutzung führen. Denn auch die Nutzung auf dem Regelenergiemarkt, bietet ausgesprochen gute Chancen für Speicher. Wir haben uns beispielsweise die Auktionen der Übertragungsnetzbetreiber der letzten drei Jahre angesehen und festgestellt, dass sich Speicher zwar nicht im Primär- aber im Sekundärregelenergiemarkt sehr wohl lohnen, insbesondere für negative Sekundärregelenergie.

 

E&M: Weil dort vergleichsweise wenig Wettbewerb herrscht?

Waffel: Nur zum Teil. Dort hat die Batterie ihre größten Stärken. Denn der Netzbetreiber reserviert sich grundsätzlich gerne ein bisschen mehr Kapazität als wahrscheinlich nötig, um nicht hinterher sehr teuer einkaufen oder etwas abschalten zu müssen. Die Batterie kann man innerhalb von Millisekunden umschalten und negative oder positive Regelenergie bereitstellen. Außerdem sind die meisten Kraftwerksbetreiber, die am Regelenergiemarkt teilnehmen, hauptsächlich an den Kapazitätspreisen interessiert. Unsere Analysen zeigen aber, dass ein solcher Speicher nur zehn bis fünfzehn Prozent des Gesamtumsatzes mit Kapazitätspreisen erzielen. Der überwiegende Teil, und damit auch der überwiegende Teil des Gewinns, stammen aus den Energiepreisen – auch das ein Vorteil für die Netzbetreiber. Und sollten die Regelenergiepreise einmal sinken, kann man alternativ einen Speicher auch im Viertelstundenmarkt betreiben, der zurzeit hohe Preisschwankungen aufweist. Und schließlich kann man auch noch Kunden über einen spezifischen Tarif mit Strom aus ganz bestimmten Erzeugungsanlagen versorgen. Damit schafft man regionale und lokale Lösungen, die bei Endkunden zunehmend populär werden.

 

E&M: Wie lange kann man die Batterie nutzen?

Waffel: Eine Redox-Flow-Batterie hat bei geringer Wartung eine Lebensdauer von mehr als zwanzig Jahren. Die Membrane, Zellstapel und Pumpen müssen etwa nach zehn Jahren gewechselt werden, die wertvolle Flüssigkeit bleibt erhalten und hat auch nach 20 Jahren einen erheblichen Restwert.

 

E&M: Aber viele Unternehmen, Hersteller und Nutzer konzentrieren sich auf Lithium-Ionen-Technologie.

Waffel: Das liegt sicher zum Teil an der Größe des Redox-Flow-Speichers. Denn im Vergleich zu einem Lithium-Ionen-Speicher ist seine Energiedichte geringer. Und die Energiedichte wird durch die Menge der Flüssigkeit determiniert. Daher ist er für Haushalte nicht unbedingt optimal geeignet. Aber die Entwicklung ist noch nicht am Ende. Es wird darum gehen, mehr Energie in die Flüssigkeit zu bekommen. Dann wird man den Speicher auch billiger anbieten können.

 

E&M: Wie viele Euro pro kWh kostet er derzeit?

Waffel: Über 1 000 Euro pro kWh. Daher verdrängen Redox-Flow-Speicher auch vielfach Diesel-Aggregate oder werden eingesetzt, wo es viel volaltile Energieeinspeisung gibt und wo hoher Bedarf für Regelenergie besteht.

 

E&M: Ab wie vielen Megawatt ist ein solcher Speicher besonders wirtschaftlich?

Waffel: Ein Zwei-MW-Speicher bringt beispielsweise eine Rendite von mehr als zehn Prozent, wobei auch kleinere Speicher je nach Anwendung interessante Renditen erzielen können.

 

E&M: Ist das für Investoren noch nicht attraktiv genug?

Waffel: Die Investoren sind im Moment noch relativ schwer zu überzeugen, obwohl wir ihnen vorrechnen können, dass sich ein Speichereinsatz in vielen Situationen lohnt. Es gibt aber auch vielfach bei den Banken noch Vorbehalte, weil sie auf Grund der bisherigen volatilen politischen Rahmenbedingungen verunsichert sind und weil es für die Speicher auch keine feste, jahrelange Vergütung gibt wie für die Erneuerbaren durch das EEG. Allerdings denken wir die lokalen Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind sicherlich gute Partner, um mit Genossenschaften, Gemeinden, und Stadtwerken Energiewendeprojekte im Gesamtpaket zu finanzieren. Überhaupt bin ich der Ansicht, dass wir uns diesen teuren und konfliktbehafteten Ausbau der Hochspannungsnetze zum Teil sparen könnten, wenn der regionalen und lokalen Ebene mehr Beachtung geschenkt würde. Gerade hier können Speicher sehr wertvolle Beiträge zur Entlastung und Steuerung der Verteilnetze leisten, z.B., Speicher in Haushalten gebündelt von dezentralen Energieversorgern in Kombination mit Speichern auf lokaler Ebene. Die erste Verwirklichung des Smart Grid Konzepts. Vielleicht auch mit einem Regelenergiemarkt in der Mittel- und Niederspannung. Diese Chance sollte man nicht leichtfertig vergeben, und die Politik und der Regulierer müssen hier kurzfristig zuverlässige Rahmenbedingungen für Speicher schaffen, ansonsten geht die tägliche Verschwendung der erneuerbaren Energien weiter.

 

Redox-Flow Speicher

Als Speichermedium dient ein Elektrolyt, in denen Vanadiumlsalze gelöst sind. Die Kapazität ist im Verhältnis zur Leistung völlig flexibel und hängt von der Flüssigkeitsmenge ab, die in separaten Tanks gelagert wird. Große Redox-Flow-Batterien sind Kisten von der Größe eines Übersee-Containers und kosten in einem Verhältnis von 1:4 (Leistung: Kapazität) rund 1 000 Euro pro kWh. Bei Redox-Flow-Batterien besteht keine Brandgefahr, sie erreichen wesentlich höhere Zyklenzahlen, besitzen allerdings derzeit noch einen mit 70 bis 80 % geringeren Wirkungsgrad als Blei- oder Lithium-Ionen-Batterien. Typische Anwendungsgrößen liegen bei 200KW, bis zu 10MW Kapazität.